Einladung
Begegnungen

Wie begegnet man einem Menschen, der schon tot ist? Wer jetzt an Stühlerücken und Engelserscheinungen denkt, wird in dieser Ausstellung enttäuscht. Die Kunst hat andere Möglichkeiten, Zeit einzufrieren, Erinnerungen zu manifestieren und Körpergrenzen zu überschreiten. Da muss man nur mal im Familienalbum blättern und die Großmutter auf einem Foto als junges, erwartungsvoll in die Zukunft blickendes Mädchen sehen. Oder in einem Roman aus dem 19. Jahrhundert schmökern. Und schon ist man mitten drin in der Gedankenwelt und dem Lebensgefühl vergangener Zeiten und fühlt sich ihnen ganz ohne Stühlerücken sehr nahe.

„Begegnungen“ heißt die Ausstellung der Gruppe 7wege, die am 5. Juni um 19 Uhr eröffnet wird und um die Frage kreist, wie sich der Mensch in verschiedenen Zeiten zu seinen Mitmenschen und zur Natur in Beziehung setzt. In Gemälden, Foto- und Videoarbeiten sowie einer Installation nähern sich die vier Hamburger Künstlerinnen Annette Akkiparambath, Karin Liebe, Katrin Müller und Eva Peters dem Thema auf mal intime, mal alltägliche oder philosophische Weise. Dabei ist die Gruppe 7wege selbst Ausdruck einer Begegnung. Von den ehemals sieben Mitgliedern, die sich 2001 zum künstlerischen Austausch und für gemeinsame Ausstellungen zusammengeschlossen haben, sind bis heute vier Künstlerinnen in der Gruppe aktiv. Diese Ausstellung ist ihre achte gemeinsame Schau.

Eva Peters’ Gemälde zeigen aktuelle Begegnungen von Menschen in der Altonaer Neuen Großen Bergstraße. Auf den Acrylbildern hält sie Momente fest, in denen verschiedene Kulturen sowie Elemente von Kult und Kommerz aufeinander treffen. Daneben sind Arbeiten von ihr zu sehen, die eine Begegnung von Mensch und Natur thematisieren, sowie eine konzeptionelle Collage. Sie besteht aus Porträtfotos von Teenagern unterschiedlicher Epochen, die sich als Gleichaltrige nie begegnen konnten. Zeit und Vergänglichkeit spielen auch eine Rolle bei Eva Peters’ Fotografien von Schnittblumen, die bereits einige Wochen alt sind.

Auch Karin Liebe beschäftigt sich in ihrer Fotoserie „Fallrohrstraße 124“ und der Fotoprojektion „Vaters Jugend“ mit der Vergänglichkeit. Beide Arbeiten sind Annäherungen der Künstlerin an ihren Vater. Die gerahmten Fotos zeigen dessen Wohnung, so wie er sie bei seinem Auszug ins Altersheim kurz vor seinem Tod hinterlassen hat. Im Kontrast dazu stehen an die Wand projizierte Fotos aus seiner Jugendzeit – Bilder, die von der Künstlerin erst nach seinem Tod entdeckt wurden und ihr die Annäherung an einen ihr kaum bekannten Lebensabschnitt des Vaters ermöglichten. Zusammengenommen ergeben die Serien eine überindividuelle Begegnung mit Jung und Alt, mit Aufbruch und Abschied. Die Form der Präsentation spiegelt dabei das jeweilige Lebensgefühl wider: Die Wohnungsfotos sind statisch gehängt, die Jugendbilder dynamisch projiziert.

Was bleibt von uns übrig? Neben dem fotografischen Abbild können es auch schriftlich fixierte Gedanken sein. Die Installation „Viele gute Gedanken“ von Katrin Müller vereint ca. 70 Texte unterschiedlichster Persönlichkeiten. Sie sind auf vielfältige Karteikarten genäht und hängen luftig im Raum. Diese poetischen, klugen, humorvollen und weisen Aussagen zu Natur und Mensch bringen dem Betrachter fremde Lebenswelten, aber auch eigene Sehnsüchte und Wünsche näher.

Ganz in den alltäglichen Fluss der Gegenwart katapultieren uns dagegen die Arbeiten von Annette Akkiparambath. Sie beschäftigen sich alle mit dem Lebenselement schlechthin: mit Wasser. Und sie fragen: Wasser – was ist das eigentlich? Es ist nass, klar. Blau. Blau? Eine visuelle und akustische Begegnung mit Wasser bieten die kurzen Videofilme, in denen die Dynamik eines rasch dahinfließenden Baches festgehalten wird, die Trägheit eines großen Stroms wie die Elbe, das temporär begrenzte Plätschern des Regens. Begleitet werden die Bilder von zufällig aufgenommenen, oft überraschenden Geräuschen aus dem Hintergrund. Neben den Videoarbeiten sind von Annette Akkiparambath auch teils mit Wasserfarben gemalte Bilder sowie Fotos und Texte zum Thema Wasser zu sehen.